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Teure Diesel- und Heizölpreise wecken Inflations- und Konjunkturängste


Die Diesel- und Heizölpreise sind in den letzten drei Monaten sehr viel stärker in die Höhe geschossen als die Kosten für Rohöl. Warum ist das so – und welche Folgen hat das?

Anfang Juli hatte das Barrel (159 Liter) Rohöl der europäischen Sorte Brent noch 74 Dollar gekostet. Vorige Woche schnellte es bis auf 95 Dollar nach oben – ein Anstieg um fast 30 Prozent binnen drei Monaten. Zuvor war der Preis für das flüssige Gold monatelang hektisch um 80 Dollar geschwankt. Genauer seit Dezember 2022 – damals traten die Sanktionen der EU gegen russisches Erdöl inklusive eines Preisdeckels von 60 Dollar je Barrel in Kraft.

Vor drei Monaten hat sich der Wind aber gedreht. Der Hauptgrund für den kräftigen Preisanstieg: Saudi Arabien und Russland, die  „Anführer“ des Ölkartells OPEC+ vereinbarten, freiwillig ihre Ölproduktion um zusammen 1,3 Millionen Barrel pro Tag zu drosseln – zusätzlich zur offiziellen OPEC+-Kürzung vom Herbst 2022 von 2 Millionen Barrel. Die Saudis tragen mit einer Millionen Barrel die Hauptlast.

Förderkürzung treibt den Ölpreis

Die zwei Ölgiganten haben diese  Förderkürzung im vorigen Monat nun mindestens bis zum Jahresende verlängert – und das hat den Ölpreisen einen zusätzlichen Schub verliehen. Solch eine Menge kann auch eine deutlich höhere Produktion in den USA und im Iran (das zwar OPEC-Mitglied ist, aber wegen der Sanktionen von Kürzungen ausgenommen ist) nicht ersetzen. Und noch etwas kommt hinzu: Die Öllagerbestände sind im globalen Durchschnitt geringer als sonst um diese Jahreszeit üblich. Überdies hatte die US-Regierung ihre strategische Ölreserve im vorigen Jahr auf den niedrigsten Stand seit über vier Jahrzehnten heruntergefahren, um die Inflation zu dämpfen.

Diesel- und Heizölpreise schnellen nach oben

Der steile Ölpreisanstieg hat natürlich auch die von Raffinerien veredelten Produkte verteuert, also Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin (Flugbenzin). Normalerweise geschieht dies in etwa im Gleichschritt mit der Erdölpreisentwicklung. Aber seit Juni/Juli sind die Preise für die eng verwandten Produkte Diesel und Heizöl, die Gasöl als Basis haben, viel stärker geklettert als der Rohölpreis. Die Diesel- und Heizölpreise schnellten nach oben: So hat sich Diesel am US-Future-Markt vorübergehend um 50 Prozent verteuert, also um 20 Prozentpunkte mehr als Rohöl. Bei Heizöl sind es mit 45 Prozent fast so viel.

Diesel und Heizöl sind weltweit knapp

Der Sprung bei den Diesel- und Heizölpreisen ist auf eine weltweite Verknappung an Gasöl zurückzuführen. Zum einen ist die Nachfrage nach Diesel, dem wichtigsten Treibstoff für LKW und andere Transportmittel wie Schiffe und – vor allem im „globalen Süden“ – Dieselloks sowie für die Industrie weiter gestiegen. Und das, obwohl Diesel als besonders konjunkturabhängig gilt und es angesichts der mauen Weltwirtschaft quasi eine natürliche Nachfrage-Bremse gibt. Zum anderen, und das ist das Hauptproblem, hinkt das Angebot weit hinterher.

Denn nach der Corona-Krise sind vor allem in den USA mehrere unwirtschaftliche Raffinerien nicht mehr in Betrieb genommen worden. Dadurch hat die gesamte Raffinerie-Kapazität in den Vereinigten Staaten um rund eine Millionen Barrel pro Tag auf 18 Millionen Fass abgenommen. Hinzu kommt, dass seit dem Krieg in der Ukraine Diesel aus Russland sanktioniert ist – und davon hatten die USA zuvor immerhin 700 000 Barrel pro Tag importiert. Diese Mengen fehlen jetzt. Daher haben die USA im August 16 Prozent weniger Gasöl-Vorräte aufbauen können als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre.

Benzinpreis ist wegen der Diesel-Hausse kaum gestiegen

Übrigens: Die Diesel-Knappheit hat einen schönen Nebeneffekt: Der Preis für Superbenzin hat sich trotz der deutlich gestiegenen Rohstoffpreise in den letzten drei Monaten nur wenig nach oben bewegt. Denn dort herrscht eher Überschuss als Mangel. Denn je mehr Diesel produziert wird, desto mehr fällt auch Superbenzin an. Der Chart des ADAC zeigt den kräftigen durchschnittlichen Preisanstieg für Diesel an den Tankstellen (also einschließlich aller Abgaben und Kosten) bei gleichzeitigem nur moderaten Aufwärtstrend bei Superbenzin seit Ende Juni.

In Europa fällt der Anstieg der Diesel- und Heizölpreise geringer aus

In Europa sieht es etwas besser aus. Die Vorräte lagen nur um 8 Prozent niedriger als normal. Und das, obwohl die Abhängigkeit von russischem Diesel und Heizöl vor dem Ukraine-Krieg viel größer war als in den USA. Rund ein Drittel des deutschen Gasölverbrauchs wurde durch russische Lieferungen gedeckt. Dass deren völliger Wegfall infolge der EU-Sanktionen seit Februar 2023 vergleichsweise gut weggesteckt werden konnte, lag auch daran, dass Diesel-Lieferungen aus Indien massiv zugenommen haben. Pikant: Die Diesel-Lieferungen aus Indien stammen allerdings weitgehend aus russischem Erdöl stammen, das auf dem Subkontinent verarbeitet worden ist. Indien hat seit dem EU-Embargo gegen Russland die Bezüge aus dem größten Land der Welt vervielfacht.

Einen weiteren Schub erfuhren die Diesel und Heizölpreise vor zwei Wochen, als Russland wegen eines Diesel-Engpasses im eigenen Land die Exporte von Treibstoff ganz einstellte. Das gilt allerdings nur als vorübergehende Maßnahme, und sie wurde inzwischen teilweise gelockert. Deshalb sind nach dem ersten Schreck die Rohöl- und Gasölpreise nach ihrem Höhenflug in den letzten Tagen wieder leicht gefallen.

Kommt ein kalter oder warmer Winter? Davon hängt viel ab

Für die Preisstabilität und die Konjunktur sind der Rohöl- und vor allem Gasölpreisanstieg schlechte Nachrichten. Der Rückgang der Inflationsraten, der auch die Hoffnung auf ein Ende des Zinsanstiegs genährt hat, könnte deshalb früher enden und nicht so tief gehen als gedacht. Das weckt jetzt schon neue Zinsängste. Immerhin sind die Renditen langfristiger Staatsanleihen in den USA, aber auch in Deutschland in den letzten Tagen auf den höchsten Stand seit über einem Jahrzehnt geklettert. Da stark verteuerte Öl- und Ölprodukte die Kosten für Verbraucher und Unternehmen in die Höhe treiben, bremsen sie den Konsum und die Investitionen zusätzlich zu den höheren Zinsen.

Der Wirtschafts- und Inflationsausblick und damit natürlich auch die Entwicklung an den Börsen hängen deshalb stark davon ab, wie es mit den Preisen für Erdöl sowie mit den Diesel- und Heizölpreisen weitergeht. Bedeutsam ist, wie kalt und damit energieaufwändig das Winterhalbjahr auf der nördlichen Erdhalbkugel werden wird. Und wie sich die Weltkonjunktur entwickelt. Denn je höher das Wirtschaftswachstum ausfällt, desto größer ist der Energie- und insbesondere Dieselbedarf. Und desto größer ist damit auch die Gefahr, dass die Verknappung bei Diesel und Heizöl den von vielen Experten im nächsten Jahr erhofften Konjunkturaufschwung abwürgt, bevor er begonnen hat.

 

 

 

 

 

 

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