Menü
Microsoft selbst warnt vor der Verwendung von Internet Explorer, da er nicht mehr den neuesten Web- und Sicherheitsstandards entspricht. Wir können daher nicht garantieren, dass die Seite im Internet Explorer in vollem Umfang funktioniert. Nutze bitte Chrome oder Firefox.

ThyssenKrupp wird neu geschmiedet


Deutschlands größter Stahlkonzern, die ThyssenKrupp AG, steht vor einem deutlichen Umformungsprozess. Nachdem Aufsichtsratschef Gerhard Cromme die Entlassung von dreien der sechs Vorstandsmitglieder angestoßen hat, steht er nun selbst im Kreuzfeuer der Kritik und wird mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Wie auch immer die derzeitige Krisen-Eskalation gelöst werden wird, das Unternehmen wird sich dabei deutlich verändern.

In einer Presseerklärung teilte der Personalausschuss des Aufsichtsrats am Mittwoch der vergangenen Woche mit, das in der Aufsichtsratssitzung am Montag der Vorschlag eingebracht werde, die Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. Olaf Berlien, Edwin Eichler und Dr. Jürgen Claassen zum Jahresende aufzuheben. Da laut der Mitteilung die drei Vorstandsmitglieder mit der einvernehmlichen Aufhebung ihrer Bestellung einverstanden sind, wird voraussichtlich in diesem Sinne entschieden werden. Unter Druck steht aber auch Cromme, dem von Aktionärsseite ein Mitverschulden an der aktuellen Lage des Konzerns vorgeworfen wird.

Gegenstand der derzeitigen Diskussion sind die Fehlschläge beim Aufbau eines Walzwerks im US-Bundesstaat Alabama, das rund 5 Milliarden Euro verschlungen hat und eines Stahlwerks in Brasilien, das statt der ursprünglich veranschlagten 1,9 Milliarden Euro am Schluss rund 8 Milliarden Euro verschlang. In Brasilien sollte billig Rohstahl produziert werden, der dann in den USA weiterverarbeitet und weiterverkauft werden sollte. Doch Preis- und Lohnkostensteigerungen in Brasilien und eine begrenzte Nachfrage in den USA ließen die, durch die ausufernden Aufbaukosten bereits mit erheblichen Komplikationen belasteten Projekte, in die Katastrophe schliddern. Jetzt stehen die Werke zum Verkauf.  Der Buchwert beider Werke liegt bei sieben Milliarden Euro, der Marktwert jedoch wohl unter vier Milliarden Euro. Weitere Abschreibungen in Höhe von rund 3 Milliarden Euro sind also zu erwarten. Und das in einem Jahr, in dem im Amerika-Geschäft  operative Verluste in Höhe von rund einer Milliarde Euro angefallen sind.

Daneben wirken die Probleme, die der Konzern derzeitig aufgrund von Kartellabsprachen und Korruptionsfällen, Schmiergeldzahlungen und Luxusreisen mit Journalisten hat, fast als Nebensächlichkeit. Aber im Bereich der Schadensersatzklagen geht es inzwischen auch um mehrere hundert Millionen Euro und natürlich auch um den Ruf des Essener Unternehmens.  Nach der Aufdeckung eines Aufzugs- und Rolltreppenkartells sowie eines Schienenkartells liegen dem Berliner Landgericht eine Klage der Bahn, die angeblich Rückforderungen in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro stellt, sowie die Klagen von mehreren Städten und Bauunternehmen vor. Die EU-Kommission hatte bereits 2007 eine Geldbuße von über 300 Millionen Euro gegen den Konzern verhängt, deren Aufhebung ThyssenKrupp derzeitig immer noch anstrengt. Das Bundeskartellamt hatte im Juli 2012 wegen Absprachen zu Lasten der Bahn ein Bußgeld von gut 100 Millionen Euro gegen das Unternehmen verhängt.

Entlastung will der Vorstandschef von ThyssenKrupp, Heinrich Hiesinger, einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge durch eine Schadensersatzklage gegen einen am Schienenkartell beteiligten Ex-Manager erlangen. Damit wolle sich der Konzern zumindest den Zugriff auf die abgeschlossene Haftpflichtversicherung für Managementfehler sichern. Auch von der Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche gegen Berlien und Eichler aufgrund ihrer Investitionsentscheidungen, aber auch gegen weitere ehemalige Vorstandsmitglieder und Manager wegen bewusst falscher Informationen oder Täuschungen wird von verschiedenen Medien berichtet.

Beobachter sehen in einer derartigen Vorgehensweise allerdings vor allem das Ziel, den Druck auf Cromme als Aufsichtsratsvorsitzenden abzumildern. Dazu passt auch die Meldung, dass  Vorstandschef Hiesinger am Dienstag, bei der Bekanntgabe der Geschäftszahlen des Konzerns, ein Gutachten präsentieren soll, das den Aufsichtsrat von einer Mitverantwortung an der Schieflage des Unternehmens freizusprechen werde, da er nicht richtig informiert worden sei.

Trotz eines derartigen Papiers wird sicherlich in vielen Kreisen erheblicher Zweifel bestehen, ob Cromme nicht fähig oder nicht willens ist, Verantwortung zu übernehmen. Die Krise in Süd- und Nordamerika war jedenfalls bereits Mitte 2011 erkennbar und auch andere Vorgänge im Konzern dürften durchaus bekannt und auch geduldet worden sein.

ThyssenKrupp-Chef Hiesinger steht jedenfalls vor gewaltigen Herausforderungen. Mit Verlusten, die bereits existenzgefährdende Ausmaße annehmen, bleibt ihm nur der radikale Umbau des Konzerns. Über einen Verkauf der Unternehmenstöchter Bilstein  (Stoßdämpfer) und Presta (Lenksäulen) wird schon nachgedacht. Und es gibt bereits einige Stimmen, die die gesamte Stahlsparte von ThyssenKrupp als weitgehend wertlos einstufen. Dementsprechend wird im Unternehmen von Mitarbeiterseite gefürchtet, man könnte sich komplett vom Stahl trennen, um wenigstens die Industriegütersparte zu retten.

thyssenkrupp AG Aktie

4,80 €
6,38 %
Die thyssenkrupp AG Aktie zeigt heute einen starken Anstieg von 6,38 %.
Die Community bevorzugt thyssenkrupp AG mit mehreren Buy-Einschätzungen und keinen Sell-Einschätzungen.
Das von der Community festgelegte Kursziel für thyssenkrupp AG von 9 € impliziert eine deutliche Steigerung gegenüber dem aktuellen Kurs von 4.8 €.
Seit 1986 beschäftige ich mich mit Wertpapieren. Dabei habe ich vor allem im Bereich der Derivate eine Menge Erfahrungen sammeln können.

Rechtlicher Hinweis

Kommentare