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Überrendite: Einfach mehr verdienen

Heute möchte ich das Buch Überrendite von Dr. Alexis Eisenhofer vorstellen, das 2016 im FinanzBuch Verlag München erschienen ist. Interessant daran sind 2 Dinge: Es wurde nicht von einem Fondsmanager oder Finanzwissenschaftler verfasst, sondern von einem Unternehmensvorstand, der an der Schnittstelle von Börse und Nachrichten tätig ist.

Es ist daher weder Marketing noch bloße Theorie. Es stellt an sich den Anspruch, mit nur 1 Stunde Lektüre einen Überblick über den Stand der empirischen Kapitalmarktforschung zu geben. Das soll der Grundstein sein, um jährlich 2 bis 3 Prozent Überrendite als Privatinvestor erzielen zu können. Ein hoher Anspruch!


Zum Inhalt - ein Blick ins Buch

Im Vorwort erfahren wir etwas zur Motivation dieses Buchprojektes. Ausgangspunkt war die Bitte seiner Kollegen, etwas Hintergrund- und Finanzwissen zu erlangen. Denn Dr. Eisenhofer ist Gründer und Vorstand der financial.com AG, eines Anbieters von Börseninformationssystemen. Das Unternehmen arbeitet laut Webseite eng mit Thomson Reuters zusammen, nebem Bloomberg das Medienunternehmen rund um Börse. Es entwickelt sogenannte Webservices, also Softwarelösungen, die Marktdaten wie Börsenkurse abrufen, verarbeiten und auswerten, genauso wie Nachrichten und Informationen aus jeder erdenklichen Quelle. 

Die wichtigsten beiden Leser seines Buches werden aber, wie Dr. Eisenhofer hofft, seine beiden Kinder sein, wenn sie erwachsen sind und nach Wissen zum Kapitalmarkt suchen. Sein Buch ist durchgängig flott geschrieben und ist eine kurzweilige Lektüre. Die einzelnen Kapitel sind nur 3 bis 8 Seiten lang, damit ideale Häppchen für kurze Pausen und man kann das Buch tatsächlich auch in 1 Stunde komplett durchlesen. 

In die Details und Tiefen des jeweiligen Themas kann man so natürlich nicht vorstoßen. Aber darum geht es ja auch nicht, sondern darum einen ersten Überblick zu gewinnen. Zwei zentrale Thesen des Autors lauten dabei: Einfachheit vor Komplexität und Fehlervermeidung vor (Über-)Optimierung. Anhand der Kapitelüberschriften lässt sich sehr gut ersehen, welche Punkte der Autor als wesentlich erachtet:

  1. Einleitung
  2. Haushalte, Unternehmen und das Finanzsystem
  3. Besonderheiten der institutionellen Kapitalanlage
  4. Der Finanzmarkt in Zahlen
  5. Die Börse als Schönheitswettbewerb
  6. Die Marktarithmetik
  7. Risiko und Risikoprämien
  8. Dei Bedeutung des Anlagehorizonts
  9. Die Effizienzmarkthypothese
  10. Wissenschaftliche Renditeanomalien
  11. Technische Aktienanalyse
  12. Zur Prognosegüte bei Daytrading
  13. Das Fondsmanagerparadoxon
  14. Ex-post Verzerrung von Renditen
  15. Der falsche Guru
  16. Typische Verhaltensfehler von Anlegern
  17. Frauen versus Männer
  18. Fondsratings und Analystenempfehlungen
  19. White-Label-Finanzprodukte und unabhängige Vermögensverwalter
  20. Der systemimmanente Zwang zum Beschwichtigen
  21. Öffentliche und private Informationen
  22. Der Anlageerfolg von Warren Buffett
  23. Langfristige Werttreiber des Aktienmarkts
  24. Fazit

In meiner Rezension möchte ich nur zwei Themenkomplexe etwas ausführlicher eingehen: zum einen die Aussagen zur Effizienzmarkthypothese und zu Renditeanomalien, zum anderen das Thema Ratings, Empfehlungen und öffentliche vs. private Informationen. 

Zu diesen beiden Punkten muss man sich immer eine Meinung bilden, bevor man entscheidet, eine passive oder aktive Anlagestrategie zu verfolgen. Was das Buch nicht liefert - das sollte hier bereits klar sein - ist ein fertiges Kochrezept für Überrenditen nach dem Schema F. Das gibt es nicht, lediglich Ansatzpunkte anhand empirischer Ergebnisse. Auch wird nicht diskutiert, ob eine Überrendite über die gängigen Indizes per se überhaupt das Ziel sein sollte. 

"Ein Großteil des Anlageerfolgs stammt nicht daher, dass man der Klügste ist.
Meistens reicht es aus, wenn man nicht der Dümmste ist.
Emotionale Stabilität ist beim Investieren viel wichtiger als Intelligenz."   

Alexis Eisenhofer


Butter bei die Fische - Amuse-Gueule und Digestif  

Die Effizienzmarkthypothese, die davon ausgeht, dass alle Markteilnehmer rational sind und mit gleichen Informationen agieren, ist Kern vieler Lehrbücher zum Finanzmarkt. Sie wird vor allem bei der Vermarktung von passiven Indexstrategien gerne in den Vordergrund gerückt. 

Bei einer schwachen Informationseffizienz sind alle historischen Informationen in den Kursen bereits verarbeitet, weswegen die Chartanalyse oder technische Analyse wertlos ist. Bei einer mittelstarken Informationseffizienz sind alle öffentlich verfügbaren Informationen in den Kursen enthalten, weshalb die Fundamentalanalyse von historischen Unternehmensdaten keinen Mehrwert bietet und Unter-/Überbewertungen nicht ausbeutbar sind. 

Im Buch wird aber neben diesen bekannten Definitionen darauf hingewiesen, das Informationsbeschaffung und -bewertung Kosten verursachen und sehr unterschiedlich gehandhabt werden.  Nur wer sich Gewinne verspricht, die höher sind als diese Kosten, wird den Aufwand betreiben. Nur wer glaubt, ein Bloomberg-Terminal und die "just in time" Informationen, die es verspricht, sind lohnenswert, wird das Geld für das Abonnement ausgeben. 

Und längst investieren Fonds und Banken in weitere Datenquellen: Zum Beispiel die direkte Auswertung der Wassertemperatur von Flüssen vor und hinter Kraftwerken zur Bestimmung der Energieproduktion, die Nutzung von Satelliten- und Drohnenflügen zur Messung von Verkehrströmen und Gütertransporten, die Auswertung von Internetsuchanfragen, Twitter, Facebook etc. 

Professionelle Marktteilnehmer sind also längst dabei, die durch die Digitalisierung unseres Lebens und den technischen Fortschritt gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen. Im Kern geht es darum, hinter die üblichen Zahlen der Unternehmen zu schauen und auch die Tendenzen der Meinungen der Marktteilnehmer zu erfassen. Denn jedem Kaufauftrag geht Informationsbeschaffung voraus. Jeder Entscheidung geht eine Meinungsbildung voraus, jede Herde muss sich sammeln, bevor sie losstürmt. 

An dieser Stelle kann man resümieren: Weder handeln die Marktteilnehmer immer rational noch verfügen institutionelle und private Anleger über die gleichen Informationen. Diese Aussage gehört in die Märchenbücher. Auch sollten wir Privatanleger uns bewusst sein, dass jede Information im Internet bereits veraltet ist, wenn sie erscheint. 

Das Information eine Handelsware ist, sieht man auch daran, dass gegen entsprechende Gebühren wichtige Kennzahlen für Marktteilnehmer, wie zum Beispiel der Chicago PMI, bereits um 8:42 Uhr CST (Central Standard Time) verfügbar sind und damit ganze 3 Minuten vor der öffentlichen Bekanntgabe (Produkt AlphaFlash der Deutschen Börse AG). 

Womit wir nahtlos beim Thema öffentliche vs. private Informationen sind: diese Aufteilung ist niemals statisch, sondern in konstantem Fluss. Immer wenn sich eine Kennzahl als guter Indikator für eine profitable Strategie, für die Entwicklung eines Landes, Unternehmens, Preises etc. erwiesen hat und diese Erkenntnis öffentlich wird, gibt es sofort Investoren, die sich auf die Suche machen, einen Indikator für den Indikator zu finden und Data mining betreiben. Es ist daher umso erstaunlicher, dass es bestimmte Renditeanomalien an der Börse gibt. 

Dr. Eisenhofer zählt einige davon in seinem Buch auf. Zum Beispiel den Size-Effekt (Aktien kleinerer Unternehmen outperformen große Werte), den Value-Effekt (sogenannte Value-Aktien schlagen Growth-Aktien), den Momentum-Effekt (Kurse bewegen sich in Trends und die Gewinner von gestern sind für eine gewisse Zeit auch die Gewinner von morgen) oder auch bestimmte zeitliche und Kalender-Effekte.

Viele Profis würden an dieser Stelle einfach nicken, denn auch zu diesen Themen gibt es ja bereits viele Veröffentlichungen. Es gibt zum Beispiel das Fama-French-Dreifaktoren-Modell und sogar die ETF-Industrie ist bemüht, durch Auflegung sogenannter Smart Beta Produkte genau diese Faktoren auszubeuten (wer dazu Genaueres wissen will, kann den Link zu JustETF besuchen). 

Doch es gibt dazu auch dezidiert andere Meinungen: zum Beispiel Mandelbrot's Buch Fraktale und Finanzen. Ist die Formulierung richtig, dass es Renditeanomalien sind? Meiner Meinung nach eben nicht. Es sind empirisch bestätigte Phänomene, die im Normalfall auftreten. Sie zeigen, wie Menschen mit Risiko und Rendite umgehen. Deshalb verschwinden sie nicht. Es ist hingegen das Marktmodell, das vereinfacht und das Bild eines effizienten Marktes als Normalfall darstellt. Für mich stellt das die Dinge glatt auf den Kopf ... es wäre eine Anomalie, wenn wirklich jede Information im Kurs vorhanden ist und alle Marktteilnehmer absolut Bescheid wüssten.

Aber gut: Vielleicht ist es egal, was Henne und was Ei ist, ob etwas Standard oder Anomalie ist. Das Buch enthält daneben auch Kapitel zu typischen Anlegerfehlern und leistet Aufklärung, wie institutionelle Kapitalanlage funktioniert. Vollkommen zustimmen kann ich zum Beispiel dem Kapitel zu Fondsratings und Analystenempfehlungen. So schreibt Dr. Eisenhofer über Studien für den deutschen und amerikanischen Markt, die zeigen, dass gute Fondsratings von Feri Trust, Euro Fondsnote, Finanztest und Morningstar eher echte Kontraindikatoren sind. Sie besitzen praktisch keine Prognosefähigkeit für die künftige Wertentwicklung bzw. die Fonds fallen nach der Empfehlung oft umso stärker zurück. 

Damit komme ich zum Schluss meiner Rezension von Überrendite - Einfach mehr verdienen. Das Buch baut auf einem Grundgerüst an Wissen auf, zumindest kann es effektiver gelesen werden, wenn man es bereits besitzt. Für erfahrene Anleger ist eventuell neu, wie weit das Informationswettrüsten der institutionellen Anleger bereits gediehen ist. 

Eine sichere Überrendite wird man auch nach Lesen des Buches nicht erzielen, aber vielleicht Fehler vermeiden und sich realistischere Ziele setzen.  In 20 Jahren, wenn die Kinder des Autors dieses Buch hoffentlich lesen werden, werden vielleicht schon Robo-Advisor und KI-Programme an den Finanzmärkten weit verbreitet sein. Dann wird es spannend, ob die Voraussage des Buches eintritt, dass (Zitat): 

"Je mehr Indexfonds entstehen, desto stärker wird ab einem gewissen Zeitpunkt
das Pendel in Richtung aktives Management zurückschwingen."

Alexis Eisenhofer

© 2021  (Sharewise-Redaktion, Hans-Jürgen) 

Wenn Du Sharewise unterstützen willst, dann kaufe das Buch doch gerne über diesen Link.
 

Kommentare

kidnah1 schrieb am 31.03.22: 
@DrMabuse 

Natürlich gibt es zeitweise effiziente Märkte, aber das sie immer und jeder Markt effizient ist wie es die Hypothese beschreibt, das gibt es nicht. 

Sonst hätten die Value Ansätze kaum langfristig einen S&P 500 mit irgendeiner Strategie schlagen können. 
Das beschreibt ja  grade Buffetts Aufsatz über die Superinvestoren, die es schafften an verschiedensten Märkten mit diesem kaufmännischen Ansatz die Märkte zu schlagen. Das widerlegt die These da sie einen Absolutheitsanspruch erzeugt und keine Ausnahmen zulässt.


@kidnah1 
Eigentlich wollte ich dir mit meinem Kommentar nicht widersprechen. Er war nur als Ergänzung zu deinen Bemerkungen über die Effizienzmarkthypothese gedacht. Die Artikel habe ich verlinkt, damit auch Börsenneulinge wissen, worum es geht. 
Der beste Beweis, dass die Effizienzmarkthypothese nicht funktioniert, ist meiner Meinung nach die Dotcom-Blase in den 1990er Jahren. Damals dachten alle, mit Telekom- und Internetaktien kann nichts schiefgehen. Kurz nach der Jahrtausendwende kam dann das böse Erwachen. Die Aussage "Ein Anleger sollte primär davon ausgehen, dass die Kurse die verfügbaren Informationen widerspiegeln und somit angemessen sind" war in den 1990er Jahren definitiv falsch und sie trifft auch heute bei vielen Aktien nicht zu.
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ValueFreak schrieb am 31.03.22: 
Die Effizientmarkthypothese  besteht doch darin, dass bei einer extremen Unterbewertung einer der Starinvestoren zugreift und durch die Veröffentlichung dieses Vorgangs die Unterbewertung durch die Aktivitäten der Nachahmer aufgehoben wird.

@ValueFreak

Für Buffett heute mag das zutreffen wie er heute die Hypothese ad absurdum führt, doch vor einigen Jahrzehnten war sein Berühmtheitsgrad auch überschaubar und es gab noch einige die über Graham die Anlagestrategie gelernt und genutzt haben, die waren bei weitem weniger bekannt und dennoch hat die Strategie mit z.T.  vollkommen anderen Titeln funktioniert. Es ist ja nicht nur die Veröffentlichung die unterbewertete Titel steigen lässt. Irgendwann fallen solche Titel nun mal auf (wenn das Geschäftsmodell langfristig stimmt durch zusätzlichen Gewinn und Wachstum) und dann steigen die Kurse. 

Vor ein paar Jahren war Schloss Wachenheim relativ unbekannt und unterbewertet.  Es gab glaube ich nur einen Analysten der sich mit dem Titel in der Euro am Sonntag beschäftigte. Auch diese sehr kleine Aktie hat sich nach und nach im Kurs verdoppelt.  Schlechte Nachrichten wirken sich auf günstig bewertete Titel kaum aus und Gute werden dagegen gefeiert. Alle Aktien schwanken um Ihre Durchschnittswerte. Sind die jedoch im Trendkanal am unteren Ende geht es eher wieder bergauf. Bei schwachen Bewertungen und niedrigen Kursen kaufen die Leute eher mehr. Selbst niedrige Preise bei einem Aktiensplit (Alphabet soll Mitte des Jahres einen vor haben) führen oft zu vermehrten Käufen.
Solche Dinge klappen jedoch nur wenn sich nichts am Geschäftsmodell im wesentlichen geändert hat. 
Manche Titel mag keiner weil man sich nur ungern mit deren Geschäftsmodellen beschäftigt (Bestattungsinstitute haben oft niedrige KGVs die sie behalten). 
Aber das weißt Du längst alles selbst. Nur Anfängern die solche Bücher lesen kann es etwas nutzen.
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Die Effizientmarkthypothese  besteht doch darin, dass bei einer extremen Unterbewertung einer der Starinvestoren zugreift und durch die Veröffentlichung dieses Vorgangs die Unterbewertung durch die Aktivitäten der Nachahmer aufgehoben wird.
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