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Zum Jahreswechsel 2018 – wo gibts noch Value?


Zum Jahreswechsel überdenkt man ja in der Regel all die Geschehnisse des vergangenen Jahres, die Erfolge und Misserfolge und setzt sich gegebenenfalls neue Ziele. Wenn ich so auf mein Aktienjahr 2017 blicke könnte man es unter das Motto stellen: Wo findet man bitte noch Value? Wo kann man noch tatsächlich unter ihrem eigentlichen, inneren Wert notierende Aktien finden?

Mein bevorzugtes Jagdrevier ist ja eigentlich der deutschsprachige Nebenwertebereich. Der bei vielen so beliebte amerikanische Markt ist mir zu teuer, zumal ich dem vielleicht dümmsten und egoistischsten Präsidenten der Vereinigten Staaten wenig gutes zutraue (eher das Auslösen einer großen Inflation mit dazugehörigem Börsencrash). Zu Beginn des Jahres war mein Engagement in deutschen Nebenwerten aber bereits auf Polytec, Steico, Sixt und Aareal reduziert, die aber eine ordentliche Rally hingelegt haben und die ich inzwischen eben auch nicht mehr unschlagbar günstig finde. Tatsächlich ist aber die Bewertung von kleinen Unternehmen insgesamt an der Börse noch einmal ein ganzes Stück angesprungen!

Ich habe in meinem hauptsächlichen Wikifolio getragen vor allem durch Sixt, Polytec, Steico und Wizz Air eine Gesamtperformance von 38% erzielt, privat in einer ähnlichen Größenordnung. Mein Nebenwertewikifolio hat ebenfalls über 30% zugelegt, obwohl ich dort kein Intensives Stockpicking betreibe und weniger stark auf Über- oder Unterbewertung der Aktien achte und weit mehr verschiedene Aktien halte.

Das bringt mich als leidenschaftlichen Schnäppchenjäger aber in eine schwierige SItuation, denn die Gewinne und Umsätze der Unternehmen sind weit weniger gestiegen. Vor allem kleine Unternehmen sind wesentlich teurer geworden – zu den günstigsten deutschen Unternehmen würde ich aktuell tatsächlich Schwergewichte wie BMW oder Lufthansa zählen (deren Geschäftsmodell aber zyklisch ist und viel Kapital braucht) , während mir kaum kleinere einfallen. Ich fand daher kaum noch neue Investitionsmöglichkeiten, die sich mir wirklich aufgdrängt hätten. Eher habe ich das Gefühl, nach den vielen Unternehmen die mit Kursvervielfachungen geglänzt haben und eher seltenen ernsthaften Verlusten wird im Nebenwertebereich eine exotische Firma nach der anderen mit Freefloat im unteren einstelligen Millionenbereich ausgegraben, durch die Börsenforen getrieben und mit Wikifolios und privaten Käufen nach oben gejagt. Der Risikohunger in dieser Nische wird größer, aber die langfristige Perspektive inklusive der Risiken wird unwichtiger. Aus diesem Grund bin ich inzwischen vorsichtig geworden, sollten sie in den 30-Euro-Bereich steigen würde ich auch Steico und Polytec verkaufen.

Ab dem Frühjahr beschäftigte ich mich aber wieder mehr mit japanischen Aktien, und fand dort tatsächlich noch einige der schönen Buchwertschnäppchen mit gesunden Gewinnen, großen -Aktien Geldbeständen und niedrigem Preis (und mit Sawai eine hoffentlich günstige Wachstumsaktie, die leider operativ schwächelte). Meine IBM-Position tauschte ich gegen japanische IT-Unternehmen (nicht wegen Buffet, sondern wegen der Erkenntnis dass die Big-Data-Technologie von IBM aktuell noch mehr Marketinggerede ist als Realität). Und da mich die Preise am deutschen Markt wenig zufriedenstellten sah ich mich weiter um und entdeckte Mix Telematics – meine erste Aktie aus Afrika – und stockte zumindest privat nach sensationellen Wachstumszahlen bei Wizz Air auf. Zusätzlich nutzte ich die Gelegenheit als Admiral auf rund 20 € fielen um eine große Position aufzubauen. Außerdem traf ich mich häufiger als je zuvor mit anderen Investoren um mich zum Thema Value Investing auszutauschen – um dabei zu merken wie unterschiedlich die Definition von Value-Investing interpretiert wird.

Ist das noch Value?

Gerade die letzten Käufe – Admiral, Wizz Air (und privat eine kleine Position Protectorforsikring über die ich bisher noch nicht geschafft habe zu schreiben) werfen auch mir die Frage auf – ist das noch Value?

Admiral ist auf den ersten Blick eine Versicherungsgesellschaft, die (seit Jahren) zum sieben bis neunfachen Buchwert gehandelt wird – und dafür auch Eigenkapitalrenditen über 50% erzielt. Wer eine Versicherung nach klassischen Maßstäben bewerten will wird zwangsläufig den Kopf schütteln, denn kaum eine Versicherung ist wesentlich mehr wert als ihr Kapital. Doch wenn man Admiral als Betreiber einer Onlineplattform versteht, deren Wert in Marke, guter IT und effizienten Prozessen liegen, ist es ein wenig Kapital brauchendes Wachstumsunternehmen mit mehr als 5% Dividendenrendite.

Ich halte die Firma daher für unterbewertet, allerdings kann ich nicht konkret den inneren Wert beziffern, da er ziemlich diffus ist.

Ähnliches kann man Wizz Air und Sixt sagen – beide haben keinen offensichtlichen sogenannten „Burggraben“ außer dass sie effektiver sind als ihre Konkurrenten. Und günstig sind sie im Moment nur noch, wenn man ihre hohen Wachstumsraten berücksichtigt und ein Stück in die Zukunft blickt.

Protector (über die ich sicherlich noch ausführlich schreibe) ist ebenfalls in dieser Kategorie: effizient geführt, wachstumsstark, Kostenvorteile. Dafür ist ein erheblicher Teil des Vermögens in ein recht konzentriertes Portfolio aus Wachstumswerten investiert, die bekanntlich in Krisen oft besonders hohe Kurseinbrüche erleiden – für Versicherungen angesichts der staatlichen Regulierung ein Risiko.

Ben Graham hätte wohl keine dieser Aktien im Depot gehabt, er hätte gewarnt nicht zu viel auf Wachstumszahlen zu setzen. Wenn überhaupt im Valuelager, dann könnte man sie dem Buffet-Partner Charlie Munger zutrauen, oder vielleicht Phil Fischer (der Graham teilweise explizit widersprochen hat).

Doch Graham hätte aktuell vermutlich fast gar keine Aktien in Deutschland gefunden. (er säße wahrscheinlich mit Aktien von Clere, Wüstenrot und der Deutschen Bank da, oder fallen euch viel mehr ein?) Selbst mittelmäßige Unternehmen haben oft ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20, obwohl viele von ihnen in einer zyklischen Hoch- oder Expansionsphase stecken. Ich halte mich leider nicht für fähig ernsthaftes Markttiming zu betreiben, also den Zeitpunkt des nächsten Crashs auch nur annähenrd vorherzusehen und jetzt aus dem Markt zu gehen. Zudem sind die Zinsen auf Anleihen nahe Null, was weiter vor allem stabile Dividendenaktien antreiben dürfte.

Daher ist für mich die Frage aktuell nicht wie noch vor zwei bis drei Jahren:

Ist eine mittelmäßige Firma zu 70% Buchwert und KGV 10 mehr wert als Nestle zum KGV 25?

sondern die Frage lautet eher:

Wenn alle Firmen zum KGV von 20 und über Buchwert gehandelt werden, ist eine stark wachsende Firma zum KGV von 30 nicht langfristig günstiger?

Ich glaube tatsächlich, dass es in der aktuellen Marktlage mitunter am billigsten ist Unternehmen zu kaufen die ihren Gewinn in wenigen Jahren verdoppeln oder vervielfachen können. Wenn man es schafft so ein Unternehmen zu identifizieren und es langfristig behält, dann hat man nach zehn Jahren vermutlich auch nur einen Bruchteil des Buchwertes gezahlt.

Und der große Vorteil für mich als Privatanleger mit völlig anderem Vollzeitjob: Wenn man auf langfristiges Wachstum setzt muss man nicht verkaufen wenn ein bestimmter Wert erreicht ist, sondern kann einfach abwarten – und man muss nicht ständig Zeit investieren um neue Investitionen zu finden, weil eine Aktie ihr Kursziel überschritten hat. In einem einfachen Spruch ausgedrückt (dessen Quelle ich nicht mehr weiß):

„Quality businesses compound themselves, with net-nets you have to do the compounding.“

(Qualitätsunternehmen erzeugen von selbst einen Zinseszinseffekt. Mit Net-Nets musst du den Zinseszinseffekt erzeugen.)

Einfach ausgedrückt: Wenn erfahrene Manager in herausragenden Unternehmen für mich die Aufgabe übernehmen lukrative Anlagemöglichkeiten für mein Geld zu finden – Warum sollte ich diese Arbeit selbst tun und alle paar Monate von Aktie zu Aktie wechseln? Zumal ich erst nach einigen Jahren die Aktien verkaufe und bis dahin keine Steuern auf die Buchgewinne zahlen muss?
Der einzige gute Grund ist, wenn das eine bessere Performance bringt oder man damit wegen dem gefühlt geringeren Risiko besser schlafen kann. Mit der wenigen Zeit die ich habe, kann ich aber zu wenige Aktien gut analysieren um ständig zu wechseln. Ich will also ohne mein Zutun überdurchschnittlich abschneiden, was nur mit stark  überdurchschnittlichen Firmen mit gutem Preis geht.

Meine grundlegende Philosophie ist weiterhin: Der Preis ist was man zahlt, der Wert ist was man bekommt. Und nur Käufe deutlich unter dem inneren Wert versprechen überdurchschnittlichen Gewinn. Ich investiere nur, wenn ich eine Aktie für fundamental zu billig halte, nicht wenn ich denke irgendein anderer kauft sie mir auf jeden Fall teuer ab.

Was innerer Wert ist und wie man ihn bestimmt sollte man immer wieder neu überdenken. Denn sobald es Mainstream geworden ist, dass Marken enorme immaterielle Werte bedeuten, muss jeder Investor und Analyst Coca Cola, Nestlé etc. weit über dem bilanzierten Buchwert bewerten. Damit verschwindet aber viel von dem Renditevorteil gegenüber anderen Aktien.

Effiziente Unternehmensstrukturen sind hingegen oft so schwer quantifizierbar (aber schwer aufzubauen wenn schlechte Strukturen da sind), dass ich den Eindruck habe sie werden von Investoren kaum als Wert angesehen. Genau solche Firmen haben jedoch oft die Kostenvorteile, die sie langfristig zu Gewinnern machen – selbst wenn die Branche nur mäßig attraktiv ist. Es ist ein klarer Wert, wenn Aldi eine Kostenstruktur hat mit der sie Milliardengewinne machen, obwohl Kaisers bei höheren Verkaufspreisen vor die Hunde geht, wenn Wizz Air mit Rekordgewinnen den Markt aufrollt während Air Berlin zehn Jahre erfolglos am Turnaround arbeitet. Es ist ein klarer finanzieller Wert wenn Sixt 20% Eigenkapitalrendite erwirtschaftet und stark wächst während Hertz und Avis/Budget von Jahr zu Jahr an Eigenkapital verlieren! (Und bei den nächsten Zinserhöhungen noch stärker unter Druck kommen werden…)

Ich kann diesen Wert nicht beziffern, so wie ich nicht den Wert von Marken wie Coca Cola, Apple oder Star Wars beziffern könnte. Aber ich habe das Gefühl, dass das Value ist. Ich glaube, dass die Firmen von denen ich Anteile besitze langfristig viel Geld für mich verdienen werden, und werde mich stärker auf wachsende, effiziente und hochprofitable Firmen verlassen, solange ich kaum die wirklich billigen Aktien sehe. Ich weiß noch nicht was dabei herauskommt wenn ich Ateam, Nanosonics oder Detection Technologies analysiere, aber vielleicht ist ein solches Unternehmen dabei. Ich sehe noch keine Euphorie am Aktienmarkt und bin optimistisch weiter spannende Firmen zu finden. Und wer weiß, vielleicht sind auch BMW, Lufthansa oder ähnliche günstig bewertete deutsche Unternehmen dabei.

Insofern: Auch 2018 wird die Aktienanlage spannend bleiben – auf ein ein frohes, gesundes und gesegnetes großartiges neues Jahr, auf gegenseitige Anregungen und kluge Entscheidungen!

 


Quelle: preisundwertaktienblog

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