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Schatz, ich habe den Index geschlagen!

Börsenbücher von Finanzbloggern sind in Mode und sehr erfolgreich, wie zum Beispiel der Finanzwesir mit seinem Buch zu Vermögensaufbau mit ETFs demonstriert. [Affiliate-Link einfügen] 

Ich möchte heute das Buch von Christian Thiel vorstellen. Er betreibt den Blog Grossmutters Sparstrumpf und beschäftigt sich mit der Auswahl von Einzelaktien. Der Titel Schatz, ich habe den Index geschlagen! ist dem erfahrenen Autor jedenfalls gut gelungen, und was er selbst zum Buch zu sagen hat, findest Du unter obigem Link. Bist Du ein besonders kritischer Zeitgenosse oder willst einfach auf einer A4-Seiten wissen, was in dem hellblauen Umschlag steckt, dann lies doch einfach hier weiter!


Positive Schwingungen  

Christian Thiel ist Familienvater, Buchautor, Finanzblogger, Single- und Paarberater, also ein vielbeschäftigter Mann. Und er weiß aus der Praxis, dass positive Erfahrungen und "Messages" besser aufgenommen werden als Kritik und Appelle. Das Buch folgt konsequent dieser Linie und ist sehr kurzweilig geschrieben. Also eher nicht die typische Sitzung beim Psychotherapeut, er auf dem Stuhl, wir auf dem Sofa und schon gar nicht die Situation Bankberater hier und ahnungsloser Kunde gegenüber. Sondern eher entspanntes Plaudern unter Freunden und mit einem Augenzwinkern: Nichts muss, alles kann. 

Christian Thiel mag Anglizismen und die Weisheiten der amerikanischen Investoren wie Benjamin Graham oder Warren Buffett und gibt auch zu, viele amerikanische Finanzblogs und Webseiten zu besuchen. Dann verwundert es vielleicht weniger, dass die Kapitel des Buches wie folgt heißen:    

  1. Never lose money: Wieso Aktien als langfristige Anlage unerreicht sind 
  2. The Einstein of Money: Warum eine der besten Dividendenaktien der Welt nur 1,5 Prozent einbringt 
  3. Buy a wonderful company at a fair price: Wieso Privatanleger deutlich weniger Gewinn erzielen als der Index
  4. Know your business well: Wieso Coca-Cola eine gute Aktie ist und Nike eine bessere
  5. Future perfect: Wieso wir schon das meiste über die Zukunft wissen
  6. My home is my castle: Wieso Vermögen in Immobilien weit weniger sicher - und rentabel - ist, als wir glauben
  7. Money, money, money - in the rich man's world: Wieso wir alle im Anlagenotstand leben
  8. Always look on the bright side of life: Wieso Buy-and-hold siegt und der aktive Anleger der Verlierer ist
  9. Money, get away: Wieso die meisten Trader Geld verlieren - oder pleitegehen
  10. Act as though you have just five punches: Wieso die besten Aktien besser waren als mein eigenes Depot
  11. I did it my way: Warum wir Verantwortung für unser Geld übernehmen müssen
  12. If you can beat 'em, beat 'em: Wieso Reisen bildet - und warum diese Reise noch lange nicht zu Ende ist   

Auf etwas mehr als 200 Seiten formuliert der Autor seine Kernbotschaft: Aktien sind kein Teufelszeug, jeder sollte sich mit seiner Geldanlage selbst beschäftigen und keinen Beratern vertrauen, die eigentlich Verkäufer sind. Das Buch beleuchtet dabei viele verschiedene Aspekte, die den Neueinsteiger in das Thema interessieren und vertieft einige in Gesprächen zum Beispiel mit Gerd Kommer zu Immobilien, Holger Grethe zu Indexanlagen und Karsten Kagel zum Trading. Das ist insgesamt gut gelungen, an mancher Stelle wurde aber - bewusst oder unbewusst - auf tiefe Auseinandersetzung mit den Widersprüchen und Problemen verzichtet. 

Was ich damit meine, verdient ein eigenes Kapitel.   


Können oder Zufall

Christian Thiel beschreibt im Buch seinen Ansatz, wie er die "besten" Aktien der Welt findet und auswählt. In 2015 waren das Amazon, Apple, Facebook, Mastercard und Novo Nordisk, und diese Werte hat er damals auch auf seinem Blog empfohlen. Dabei geht es ihm in erster Linie um die Qualität des Unternehmens und seine langfristigen Wachstumsaussichten, weshalb er sich ebenfalls ausführlich mit den Trends in Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzt. In einem eigenen Kapitel (Future perfect) listet er die wesentlichen Zukunftstrends aus seiner Sicht auf: wachsende Mittelschicht, Macht der Marken, Sport, Freizeit, Online schlägt Offline, Reisen, Streaming siegt, kleinere Computer, bargeldloses Zahlen, Gesundheit und grüne Energie. Die fünf empfohlenen Aktienwerte sind seine Auswahl nach diesen Kriterien.    

Wer 2015 so investiert war, hätte eine Rendite von 22,7 Prozent erzielt. Auf dieses Ergebnis ist der Autor stolz, weil es über dem Dow Jones (-2,2 Prozent) oder dem DAX (+9,6 Prozent) liegt. Die Diversifikation sieht er - da fünf verschiedene Branchen ausgewählt wurden - als bereits recht gut an. Der Einwand von Gerd Kommer, dass das Ergebnis ja Zufall sein könnte und nicht Können, nimmt er zwar zur Kenntnis, schenkt ihm aber keinen Glauben. In 2015 ist ja alles gutgegangen und auch wenn es empirische Belege gibt, dass man niemals in jedem Jahr den Index schlagen kann, ist das nicht weiter tragisch.   

Hier vergibt das Buch meiner Meinung nach eine große Chance: den zukünftigen Aktien-Anlegern in Deutschland beizubringen, dass es für die langfristige Depotentwicklung nicht entscheidend ist, ständig den Index zu schlagen und ständig investiert zu sein! Das ständige Vergleichen und die Gier nach der maximalen Rendite sind es, die viele Anleger zu häufigem Trading verführen und die Kosten nach oben und die Rendite nach unten befördern. Und es gibt klare empirische Daten, die zeigen, dass es belanglos ist, ob man mittels Aktien, aktiven oder passiven Investmentfonds unterwegs ist, wenn man diese Fehler macht. (Siehe beispielsweise diesen FAZ-Artikel zu tatsächlichen Ergebnissen mit ETFs, diesen Artikel zum Verhältnis Unter- und Outperformance, diesen Artikel zu Performance-Zahlen und tatsächlichen Returns und last but not least diese Studie von Barber/Odean.) 

Auch der Performancevergleich (anhand der Renditen) unter Ausblendung und Quantifizierung des Risikos müssen wir dem Autor ankreiden. Die Bemerkung von Karsten Kagel: "Apple geht pleite" war vermutlich als Weckruf an ihn gemeint. Natürlich ist Apple bisher nicht pleite gegangen, aber Novo Nordisk, eine der Lieblingsaktien hat es in 2016 deutlich erwischt: die Wachstumsstory hat eine Delle bekommen, Gewinnwarnungen folgten und der Kurschart spricht eine deutliche Sprache (Quelle: Ariva, Darstellung der Novo-Nordisk-Aktie ab 1.01.2015 für 2 Jahre, Vergleichslinie S&P500 (rot), alle Werte in Euro). 

   

   

Ich hätte mir sehr gewünscht davon zu lesen, dass in 2015 die sogenannten FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix, Google) den Markt dominiert haben und die Indizes (sofern enthalten) aufgrund ihrer großen Marktkapitalisierung entscheidend beeinflusst haben. Ohne ihren starken Anstieg, wäre beispielsweise auch der S&P500 im Minus gewesen. Wie stark dieser Effekt war und wie deutlich die Aktien sich vom Markt entkoppelt hatten, konnte man beispielsweise in diesem New York Post Artikel nachlesen. Aber auch eine einfache Suche nach "FANG" liefert viele Einblicke. Der Autor hatte zwei aus diesem Quartett im Depot. 

Und da ist dann noch die Sache mit Können und Zufall. Sinngemäß schreibt Christian Thiel, dass er sich ja tiefgehend mit seinen Aktien und deren Geschäftsmodell beschäftigt hat. Daher ist sein Ergebnis kein Zufall. Das stimmt zwar, weil er die Aktien nicht einfach aus dem Bauch heraus wählte oder einen Dartpfeil auf eine Liste geworfen hat. Aber man sollte Arbeit nicht mit Können (Skill) verwechseln. Nur weil wir Aufwand betreiben bei der Analyse und vor dem Kauf oder Verkauf einer Aktie, können wir noch nicht davon sprechen, diese Disziplin zu beherrschen und ein Meister des Fachs zu sein! 


Fazit   

Das Buch ist flott geschrieben und betont den Spass und den Sport an der Börse: Dass es beim Investieren darum geht, besser zu sein als jemand Anderes oder wenigstens einmal den Index zu schlagen. Ist das richtig? Ich denke nicht. Wir sollten uns stattdessen vor Selbstüberschätzung hüten und den Finanzmärkten mit sehr viel Demut entgegen treten. 

Das Buch ermuntert zum Einsteig in das Thema Geldanlage und zum Selbermachen statt zur Delegation an einen Berater. Das ist gut und richtig. Genau dafür lässt es sich auch vortrefflich nutzen: Schenken Sie es einem Börsenmuffel! Vielleicht wacht er dadurch in Zeiten von Null- und Negativzinsen endlich auf. 

Es gibt Stellen, wo man kritischer und genauer sein sollte. Die Suche nach "Mode"-Aktien ist vielleicht unterhaltsam, aber eben auch sehr gefährlich für das eigenen Geld. Aber wichtig ist, endlich anzufangen und die Geldanlage in die eigenen Hände zu nehmen.

© 2021  (Sharewise-Redaktion, Hans-Jürgen) 

Wenn Du Sharewise unterstützen willst, dann kaufe das Buch doch gerne über diesen Link.
 

Comments

I would say that this is the best platform for word to pdf file converter
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Besonders wertvoll bei Thiel ist der weite Blick auf die Anlageklassen. 

Er macht dem Anleger klar dass die meisten Immobiliengeschäfte gegenüber einem Aktienbesitz eher uninteressant sind. Immobilien sind in gewisser Weise Luxus.  

Bitte richtig verstehen es hat schon Wert in den eigenen 4 Wänden zu leben wenn man dadurch das häusliche Leben mehr selbst bestimmen kann, doch sind Immobilien um Kapital zu erzielen für die meisten Leute  Luxusobjekte mit relativ geringen Renditen (wenn man vermietet auch ohne den privaten Wohnvorteil). 

Aktien sind bei einem durchschnittlichen Anleger dem Immobilienbesitz massiv in den Durchschnittsrenditen überlegen.  Wer also all sein Kapital in Immobilien hat (oder sogar langfristige Kredite abbezahlt) verzichtet auf Dauer auf Reichtum und Renditen der Aktien (nur der breite Durchschnitt der wichtigsten Unternehmen (ca. 8500 weltweit) liegt auf 30 Jahre zwischen 8 und 12 % p.a. Wer vermietet erzielt meist durchschnittlich Minusrenditen.

Hat man nichts ist es sinnvoller über Aktien Vermögen aufzubauen statt Jahrzehnte Bankkredite für die eigene Immobilie abzuzahlen. 
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