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Publity


Heute kommt nach einiger Zeit mal wieder eine genauere Aktienanalyse – und das gleich von einer Aktie deren Bewertung  in der Community so kontrovers gesehen wird wie sonst kaum eine. Es handelt sich um Publity, einen Anbieter von Immobilienfonds für private und institutionelle Investoren in deutsche Gewerbeimmobilien. Der Beitrag ist wegen Zeitknappheit (ich wollte ihn noch vor dem Urlaub online stellen) leider nicht noch einmal überarbeitet worden – wer  Fehler findet darf sie gerne behalten! Ich wollte zu dieser Firma aber trotzdem sehr gerne eure Meinungen hören und meine loslassen 🙂

Was hat mich daran so interessiert?

  • Dividendenvorschlag von 2,80€ je Aktie – entspricht über 7% Rendite!
  • Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2016 dürfte laut Unternehmenszielen unter 10 liegen (25 Mio Überschuss angepeilt)
  • starkes Wachstum des verwalteten Vermögens spricht für weiter stark steigende Gewinne
  • Fondsanbieter ist allgemein ein äußerst profitables und dankbares Geschäftsmodell
  • Wandelanleihe bietet eventuell nochmal attraktiveres Chance-Risiko-Verhältnis

Es gibt aber dann doch einige Haken an der Sache, und auch auf die möchte ich in meinem Beitrag näher eingehen.

Wie bereits erwähnt habe ich das Gefühl, dass publity zur Zeit zu den bewertungstechnisch kontroversesten Aktien im deutschen Nebenwertesegment zählen. Die offensichtlichen und oberflächlichen Kennzahlen zeigen auf kurze Sicht erst einmal Unterbewertung an: starkes Wachstum gepaart mit hoher Dividende und steigenden Gewinnen bekommt man normalerweise ja nicht einfach für ein einstelliges KGV. In diesem Bereich findet man momentan hierzulande am ehesten noch die Banken (die unter niedrigen Zinsen und hoher Regulierung seit der Finanzkrise leiden) oder die Autoindustrie (die stark zyklisch ist und mit der Umstellung auf Elektroautos vor iresigen Herausforderungen steht). Schaut man sich unter den Nebenwerte-Enthusiasten um ist die Meinung geteilt:

Da sind einerseits namhafte Fans, die angesichts niedrigen klassischen Bewertungskennziffern Unterbewertung diagnostizieren, z.B. der geschätze „Bloggerkollege“ Michael Kissing, der zwar bei der Bewertung nicht so in die Bilanzdetils geht, aber ein gutes Händchen für starke Geschäftsmodelle hat. Auf der anderen Seite findet sich die Aktie noch lange nicht in so vielen Wikifolios wie vor zwei Jahren Hypoport und im sehr guten werthaltig-investieren-Forum waren die Beiträge von zwei drei Fans abgesehen eher skeptisch was die längerfristigen Aussagen angeht.

Das ganze hat bei mir zu einer Achterbahn der Aktienbegeisterung geführt, von „Das ist DIE Gelegenheit, bei dem Geld was die verdienen“ zu „So günstig wie das ist, das muss ja offensichtlicher Schrott sein“ zu „Aber ich kann keine Betrugsanzeichen wie bei KTG oder Mox Telecom erkennen“ bis ich endlich gesagt habe: Egal was ich mache, ich habe mir vorgenommen immer erst einen Artikel zu schreiben. Und wenn ich zum Urteil komme, dass Publity nicht kaufenswert ist, dann kann ich das bei einer auf den ersten Blick so interessanten Aktie ja auch veröffentlichen und mich auf die Diskussion freuen 🙂

Zur Firma

Publity wurde 1999 von Landesbanken gegründet, um Internetaktien an den heißen Markt zu bringen. Nachdem man das für eine kurze Zeit erfolgreich betrieben hatte, kam der Absturz des neuen Marktes. Publity spielte nun eher eine Rolle in der Beratung von Firmen, die zum Teil nun finanziele Schwierigkeiten hatten, und sammelte so wohl auch Erfahrungen mit faulen Krediten und platzenden Finanzierungen. So kam man schließlich zur Verwertung von faulen Krediten (NPL für „Non Performing Loans“ genannt). Es wurde 2009 erstmals ein Fonds aufgelegt, der das Ziel einer solchen Verwertung hatte – und inzwischen folgten weitere Publikumsfonds. Und wichtig: es kam als weiteres und größeres Standbein der Bereich der institutionellen Investoren hinzu. Das sind im wesentlichen ausländische Großanleger (ich denke etwa amerikanische Hedgefonds) die in den deutschen Immobilienmarkt investieren wollen. Und darüber hinaus gibt es seit letztem Jahr als weiteres Standbein die NPL-Verwertungsverträge, bei denen Publity die Verantwortung für ein gesamtes Portfolio im nominellen Miliardenwert hat, aber nicht die Forderungen an sich kauft. Bei all den Aktivitäten kommt Publity zu gute, dass sie ein horvorragendes Netzwerk bei den Banken in Deutschland haben (ich würde vermuten vor allem den Landesbanken) und dadurch von Objektverkäufen erfahren, die die Öffentlichkeit gar nicht so mitbekommt. Wenn man dann gut (d.h. die richtigen Objekte zu den richtigen Preisen) einkauft, kann man eigentlich gar nicht mehr so viel falsch machen.

Die Firma ist seit dem Jahr 2015 im Entry Standard in Frankfurt gelistet, also noch sehr neu an der Börse. Die Jahre vor dem Börsengang waren die Umsätze von 12 auf knapp 10 Mio € gesunken, während der Gewinn bei über zwei Mio€ Stand. Kein schlechtes Ergebnis an sich, aber mit dem Kapital aus dem Börsengang konnte Publity natürlich anfangen ein wesentlich größeres Rad zu drehen. Es folgte noch eine Kapitalerhöhung und die Ausgabe einer Wandelanleihe um weiteres Kapital zu besorgen. Haupteigentümer Olek nutzte die Gelegenheit dagegen um Anteile zu Geld zu machen. Insbesondere – und das ist nach wie vor ein Vorwurf der ihm gemacht wird – hat er letztes Jahr eine hohe Dividende von 2€/Aktie ausgezahlt, und direkt am folgenden Tag (ohne es auf der HV angesprochen zu haben) eine Kapitalerhöhung durchgezogen. Aus Sicht der meisten Anleger hätte er dann lieber auf die Dividende ganz verzichten sollen und der Kurs ging ob des seltsamen Manövers erst einmal nicht so richtig vorwärts.

Die angekündigten Steigerungen des verwalteten Vermögens auf 3 Mrd. € hat Publity aber wohl geschafft und will in 2017 bis auf 5 Mrd Euro hoch. Da die Verwaltungsgebühren und Gewinnanteile sich prozentual auf das Verwaltete Vermögen beziehen sollten sich diese also in stark steigenden Umsätzen und Gewinnen niederschlagen.

Geschäftsmodell

Das Geschäft von Publity ist im wesentlichen nicht schwer: Immobilien zu vernünftigen Preisen einkaufen, Wert steigern (neue Mietverträge abschließen wenn möglich oder verlängern) und anschließend wieder verkaufen. Da Immobilienkäufe extrem viel Geld binden und ein gewisses Risiko tragen macht man das ganze klugerweise mit fremden Geld und einer nur ganz kleinen eigenen Beteiligung – die wird abgesichert durch die Verwaltungsgebühren, die das fremde Geld für die Dienste zahlen muss. Und an Wertsteigerungen verdient man überproportional, da man ja nochmal eine Extra-Provision bekommt. So weit das bekannte und lukrative Fondsmanagergeschäft, mit dem man sich fast immer eine goldene Nase verdienen kann.

Publity ist dabei jedoch mit einer durchaus etwas anderen Strategie dabei als der gewöhnliche Immobilienfonds. Ich empfehle sehr zum Geschäftsmodell dieses Interview mit Chef Thomas Olek zu lesen, in dem er alle wesentlichen Punkte herausstellt!
Die Ursprünge von Publity liegen nicht im Immobilienbereich – das gibt der Vorstandsvorsitzende Herr Olek gerne zu. Publity kommt stattdessen aus dem NPL-Bereich: Die Firma verwertete eigentlich die Reste aus den (meist schon abgeschriebenen) Forderungen der Banken bei geplatzten Krediten. Dass die Forderungen schon abgeschrieben sind erlaubt Einkäufe teils deutlich unter dem Marktpreis. Der Grund: der bearbeitende Banker hat nichts zu verlieren wenn er nicht das volle Potential realisiert, er ist vor allem verantwortlich dafür die Bilanz schnell von den Altlasten zu säubern. Publity reklamiert für sich aufgrund der guten Vernetzung und der schnellen Bearbeitung (angeblich sind die Verträge, aufgrund der Fonds-Finanzkraft mit hoher Zahlungssicherheit, in nur sechs Wochen unterschriftsreif, wenn andere mitunter noch nicht einmal die Prüfung abgeschlossen haben) als erster an die neuesten Angebote zu kommen, die lukrativsten im Schnellverfahren auszuwählen und Gebote abzugeben.

Dabei gibt Olek im oben verlinkten Interview durchaus zu, dass er ein erhöhtes Risiko eingeht. Durch die Geschwindigkeit ist eine Prüfung nur oberflächlich möglich, durch die Konzentration auf Problemfälle, die eben nicht 10 Jahre laufende Mietverträge haben oder voll vermietet sind, kann es in schlechten Zeiten zu höherem Leerstand und dadurch zu sinkenden Einnahmen kommen.

Aktuell gibt es auch eine interessante Besonderheit auf dem Immobilienmarkt: Die Banken müssen seit der Finanzkrise einerseits noch stärker auf eine saubere Bilanz schauen, andererseits höhere Sicherheiten bei ihren Krediten verlangen. So passiert es mitunter, dass eigentlich funktionierende Immobilienprojekte keine Kreditverlängerungen mehr bekommen. Auch hier versucht Publity einzuspringen und sich als Retter anzubieten: Man kauft das Objekt deutlich unter dem eigentlichen Preis, der ursprüngliche Betreiber kann zumindest die Schulden bei der Bank tilgen, und Publity das Objekt in seine Fonds stecken.

Ein weiteres Standbein ist das Servicing von Kreditverträgen. Dabei versucht Publity aus Forderungen noch möglichst viel Geld zu bekommen – in den letzten Jahren wurden dabei einige sehr große Aufträge an Land gezogen.

Hier noch ein kurzes Video mit dem Chef:

 

Zu den Provisionen und verdienten Summen komme ich etwas später nochmal zurück.

Wettbewerbssituation

Wichtig bei diesem Geschäftsmodell sind ( dem Wettbewerb) vor allem zwei Fragen: Woher kommt die Finanzierung? Woher kommen die Objekte?

Die Objekte kommen wie bereits geschrieben von den Banken. Olek und wohl auch viele Mitarbeiter haben eine Vergangenheit in der Landesbankenszene und sind gut mit den Banken vernetzt. Das Problem ist: da der deutsche Immobilienmarkt auch immer mehr internationale Käufer anlockt wird der Wettbewerb immer härter. Publity kommt entsprechend bei weniger Transaktionen zum Zug oder muss alternativ höhere Preise bieten.

Die Finanzierung ist das interessantere, und noch schwerer einzuschätzende Thema. Publity hat seit der Finanzkrise gute Beziehungen zu internationalen Hedgefonds aufgebaut. Ursprünglich waren die öffentlichen Fonds das Hauptgeschäft, jetzt aber sind diese in den Hintergrund gerückt. Vor allem die Gelder der Hedgefonds, die auf weiter steigende Immobilienpreise, Mieten und einen stärker werdenden Euro setzen haben die Assets under Management (AUM) auf 3 Mrd. Euro steigen lassen und sollen den Anstieg auf dieses Jahr 5 Mrd Euro weiter treiben.  Ich sehe aber hier die Gefahr, dass in recht kurzer Zeit die Gelder wieder abgezogen werden sobald der Wind sich dreht. Die aktuellen Wachstumsraten sehen fantastisch aus, aber angesichts dieser Geldgeberstruktur scheint unwahrscheinlich dass die Gelder weiter so schnell fließen – im Gegenteil erwarte ich eher in einigen Jahren wieder fallende Werte.

Zahlen

Publity ist noch eine sehr junge Firma, die nicht über eine längere Geschichte von Bilanzen und Geschäftsberichten zurückblicken kann. Der Börsengang fand erst 2015 statt, lange Zahlenreihen (zum Beispiel um die Zyklizität zu schätzen) gibt es nicht. Hier stelle ich daher nur kurz die groben Eckdaten der letzten Jahre vor:

  2012 2013 2014 2015 2016
Umsatz in Mio € 12,7 10,7 9,8 23 44
Überschuss 2 2,7 2,8 12,5 24
Eigenkapital 7,5 8,2 8,3 32,7  40
AUM in Mrd € 0,09 0,15 0,5 1,6 3

Wie man sieht hat Publity eine sehr beachtliche Steigerung der Ergebnisse erzielt. Mit den steigenden AUM stiegen eben auch die Einnahmen, während die Anzahl der Mitarbeiter dies nicht tat. Man kann gut erkennen, dass Publity auch schon vor dem Börsengang und der Geldflut von institutionellen Investoren eine beachtliche Eigenkapitalrendite von über 25% aufwies – und fast alles davon ausschüttete. Die Zahlen sprechen auf jeden Fall für eine starke und profitable Firma. Die Frage ist: Wie sieht es in der Zukunft aus?

Zum Glück kann man relativ gut schätzen, wie viel Publity wo verdient.

Im Bereich der Publikumsfonds sind die Kosten ja transparent – sie müssen den Anlegern vor Verkauf ja mitgeteilt werden. Im neuesten (Fonds Nr. 8) verlangt Publity initiale Gebühren von bis zu 12,57 % plus über 3% laufende Kosten. Bei 30 Mio Fondsvolumen könnte das auf einen Umsatz über 3 Mio für die Auflegung plus 1 Mio Umsatz für die Verwaltung im Jahr hinauslaufen. Was ist langfristig realistisch?
Angenommen Publity verkauft jedes Jahr einen neuen Fonds mit solchen Bedingungen im Volumen von 30 Mio und einer Laufzeit von 5 Jahren. Daraus könnte sich ein Jahresumsatz von knapp 10 Mio ergeben – ziemlich genau was Publity auch vor dem Börsengang erzielen konnte. Da ein großer Teil aber auch wieder Kosten sind, gehe ich davon aus dass wie vor dem Börsengang auch gut 2 Mio € damit zu verdienen sind.

Der inzwischen größte Bereich sind die institutionellen Investoren, die fast allein die 3 Mrd € verwaltetes Vermögen ausmachen. Hier wird laut Präsentation zur letzten HV eine „Finders Fee“ (also wohl eine Gebühr bei Kauf des Objektes) von 0,5-1 % , eine Verwaltungsgebühr von 0,6% bis 1% und 20 -25 Prozent der Verkaufsgewinne berechnet.

Das Ziel für 2017 ist die AUM auf 5 Mrd € zu steigern, also 2 Mrd zusätzlich. Bei einer Finders Fee von 0,5  – 1% wäre das 10 – 20 Mio € , ich setze mal vorsichtig 12 Mio an (Wer weiß ob die Steigerungen realisiert werden)
Wenn durchschnittlich 4 Mrd verwaltet werden, macht das noch einmal 20 – 40 Mio€. Verkaufsgewinne sind schwer vorherzusagen, aber wenn diese bei insgesamt 50 Mio liegen könnte Publity hier 10 Mio erlösen. Bei einem verwalteten Vermögen von 5 Mrd ergibt sich also leicht ein Umsatz von 50 Mio €.

Die Co-Investments, bei denen Publity mit 3 % der Investitionssumme selbst ins Risiko geht, stellen inzwischen zumindest beim Kapitaleinsatz den größten Teil. Im Halbjahr waren 55 Mio € in der Bilanz unter „Ausleihungen an verbundene Unternehmen“ verbucht, was die Co-Investments widerspiegelt und sich noch weiter erhöhen sollte. Angenommen, hier schafft Publity eine Rendite von 10% im Jahr könnten sich hieraus weitere 10 Mio € im Jahr ergeben (wenn denn die AUM so stark erhöht werden können UND die Rendite stimmt). Hier lauert aber auch die Gefahr von Verlusten, und in gewisser Weise ist es mehr eine Beruhigung für die Investoren, dass die Interessen von Publity mit ihren gut übereinstimmen und keine überhöhten Risiken eingegangen werden.

Zuletzt gibt es noch den Bereich der NPL-Verwertungsaufträge, bei denen Publity 22% der noch erzielten Resterträge bekommt. Diese haben einen nominellen Wert von 2,4 Mrd Euro, zu erwarten ist aber wohl nicht viel mehr als 10% davon zu holen, und das über mehrere Jahre. Das bedeutet, dass etwa 10 Mio € im Jahr hier erwartet werden könnten.

Läuft alles optimal könnte in 2017/2018 also ein Umsatz von 70 bis 80 Mio erzielt werden. Die Steigerungen werden trotz der eher gleich bleibenden Mitarbeiterzahl durch Aufträge an externe Firmen bezahlt und damit teilweise durch anfalldende Kosten wieder ausgeglichen. Die Umsatzrendite konnte dennoch bisher mit höherem Volumen gesteigert werden, was auf gewisse Skaleneffekte hinweist – und das obwohl man in einigen Bereichen wohl erst nach einer gewissen Zeit (bei lukrativen Exits) die großen Gewinne erntet. Bei dieser guten Entwicklung würde ich den Jahresüberschuss daher auf gut 50 Mio € schätzen. Bei der aktuellen Bewertung von 230 Mio € sieht das extrem günstig aus.

Allerdings würde ich stark damit rechnen, dass im Anschluss die Gelder recht schnell wieder abgezogen werden könnten. Ein Grundprinzip des Value-Investing ist es, auf den langfristigen Wert zu schauen, statt auf die kurzfristigen Erfolge.

Folgendes Szenario möchte ich mir daher vorstellen: Publity steigert 2018 die AUM auf 6 Mrd, anschließend steigen die Zinsen und die ausländischen Geldgeber ziehen sich zurück. Die Immobilienpreise sinken durch den Zinsanstieg. Publity legt neue Fonds auf um in den fallenden Markt zu kaufen, aber hat Mittelabflüsse – 2020 ist nur noch eine Mrd. AUM übrig. Auf die Co-Investments schreibt Publity 20 Mio € ab, der Umsatz sackt auf 20 Mio € bei 4 Mio € operativem Gewinn.

=> Kann man sich das vorstellen? Ja, gut möglich, es würde genau zu der Abhängigkeit von Immobilienpreisen und ausländischem Geld passen. Aber ich halte es für recht unwahrscheinlich, dass Publity davon aufgibt oder in die Insolvenz muss – die Firma hat bewiesen auch mit geringem Umsatz hohe Renditen erwirtschaften zu können. Wie würde sich die skizzierte Situation auf die Ergebnisse, Eigenkapital usw. auswirken? Ich gehe von weiterhin hohen Ausschüttungen aus, insofern dürfte das Eigenkapital wesentlich weniger als die Gewinne steigen. Dabei muss beachtet werden, dass alle Prognosen eine Schätzung von mir aus dem Bauch heraus sind und völlig daneben sein könnten!

  2016 2017 2018 2019 2020
Umsatz 44 70 80 50 30
Gewinn 24 38 50 10 8
Eigenkapital 40 50 70 65 60
AUM (Mrd) 3 5 6 3 1

In dieser Schätzung würde Publity insgesamt über 100 Mio € in den nächsten vier Jahren verdienen und anschließend könnte sich der Gewinn auf sagen wir 7 Mio € im Jahr einpendeln (was immer noch 10% Eigenkapitalrendite wären!). Bei einem angenommenen KGV von 15 zu diesem Zeitpunkt ergäbe sich eine Bewertung von 100 Mio. Zusammen ergäbe sich also mit 200 Mio € ein geringerer Wert als der heutige Preis an den Börsen.

Natürlich könnte es auch alles anders kommen – wenn in der Kalkulation die Gewinne sich am Ende auf die heutigen 24 Mio stabilisieren, dann hätte man bei einem KGV von 15 schon 360 Mio an Börsenwert plus aufgelaufene Gewinne. Ich muss aber zugeben, dass ich die Entwicklung eben kaum einschätzen kann. Die obige Prognose ist reines, vielleicht zu vorsichtiges, Bauchgefühl. Allerdings kann ich eben keine dauerhaften Wettbewerbsvorteile erkennen, die eine so große Überrendite von Publity wahrscheinlich machen würden. Eine Investition in die Aktie kommt unter diesen Chance-Risiko-Aspekten für mich daher nicht in Frage. Nicht nur fehlt die Sicherheitsmarge und der Burggraben, auch habe ich das Gefühl eher eine kurzfristige Spekulation als ein gutes langfristiges Investment zu haben.

Eine interessante Option bliebe für ein Investment aber dennoch. Publity hat eine Wandelanleihe ausgegeben, deren aktueller Wandlungspreis bei etwa 44 € liegt und die aktuell bei 100% gehandelt wird und eine Rendite von 3,5 Prozent bringen würde. Der Wandlungspreis wird bei Dividendenausschüttungen um die Dividendenrendite gesenkt, so dass ich recht bald von Wandlungspreisen unter 40 Euro ausgehen würde. Rückzahlung der Anleihe wäre 2020. Der Vorteil der Anleihe liegt darin, dass man wesentlich besser vor Verlusten geschützt ist – insbesondere in dem skizzierten Fall von zurückgehenden, aber nicht ganz verschwindenden Gewinnen. Falls man Steigerungen der Aktienkurse um mehr als 15 -20 % erwartet verhält sich die Anleihe dagegen wie eine Aktie, die statt Dividenden Zinsen zahlt. Man könnte für eine gewisse Prämie also daran teilhaben, falls Publity ihren Höhenflug fortsetzt ohne das volle Risiko als Aktionär zu tragen. Hierfür muss man aber die Zahlungsfähigkeit in einigen Jahren abschätzen können, was bei dem Geschäftsmodell mit riskanten Co-Investments nicht leicht ist.

Daher, und da ich morgen in den dreiwöchigen Urlaub nach Malaysia fliege, würde ich euch gerne nach eurer Meinung fragen! Schreibt mir gerne eine Nachricht oder einen Kommentar ob ihr die Anleihe für aussichtsreicher haltet als die Aktie (oder was ihr sonst denkt), möglicherweise verfasse ich dann auch noch einmal einen Beitrag mit genauerer Schätzung 😉

Zu Olek und seinen Verkäufen

Viele Investoren, auch ich, sehen einen hohen Anteilsbesitz der Gründer oder Chefs positiv, weil es auf gute Übereinstimmung der Interessen von Management und Aktionären hinweist. Herr Olek hat in den letzten Jahren seine Anteile auf eine Art und Weise abgebaut, die die Vermutung aufkommen lässt dass er möglichst schnell möglichst viel Geld aus seinen Anteilen herausholen will. Beim Börsengang ist das völlig normal und gehört dazu, allerdings ist es etwas anderes wenn die Firma wie letztes Jahr eine Kapitalerhöhung direkt am Tag nach der Dividendenausschüttung ankündigt. Hier wird klar, dass sich Olek am liebsten gut auszahlen lassen will. Eine mögliche Erklärung ist die in diesem Artikel beschriebene: Er scheint daran zu arbeiten eine neue Firma im Immobiliengeschäft aufzubauen. Dabei würde er scheinbar für einen kleinen Teil von vielleicht zehn bis zwanzig Prozent des Kapitals die Mehrheit der Anteile bekommen. das wäre äußerst lukrativ und würde selbst bei besten Aussichten für seine Firma Anteilsverkäufe rechtfertigen. Allerdings zeigt es auch, dass er selbst sein Geld lieber woanders investieren mag. Laut Foren nehmen einige Anleger ihn als einen nicht vertrauenswürdigen Verkäufertyp wahr und misstrauen ihm gänzlich. Ich denke er ist ein guter Verkäufertyp, was ihm sicher bei den amerikanischen Fonds und bei Verhandlungen hilft. Ich würde nicht so weit gehen ihm abzusprechen ein guter Geschäftsmann zu sein. Aber wenn ich es mir aussuchen kann, dann sind mir schon auch andere Typen lieber. Und vor allem solche, die sich ganz auf ihre Firma konzentrieren, statt sich viel Geld auszuzahlen und es dann über Kapitalerhöhungen von den Aktionären wieder einzahlen zu lassen.

 

 

Quelle: preisundwertaktienblog

 


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