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Bernd Niquet: Ackermann und die Kritiker – beide falsch


Exklusiver Gastbeitrag für den Blick Log von Bernd Niquet*

Das große Problem, wenn Börsianer mit volkswirtschaftlichen Theorien argumentieren, die nicht dem Mainstream angehören, ist sehr oft ihr mangelnder akademischer Hintergrund. Derzeit haben wir es in Börsenkreisen mit einer Renaissance der Österreichischen Theorie zu tun, die sicherlich in der Dogmengeschichte viele positive neue Ansätze geliefert hat.

Was derzeit hier jedoch getrieben wird, ist zum großen Teil Schindluder. Ein Kreditzyklus mit Überspekulation und anschließendem Zusammenbruch kann von jeder Standardtheorie modelliert und erklärt werden. Doch unter dem Stickwort „Crack-up-Boom“ wird da ein Stück von Ludwig von Mises ausgegraben, in dem kurz vor dem heftigen Rücksetzer der Kreditmärkte noch einmal ein kurzfristiger Boom anspringt – als handele es sich dabei um etwas Originäres.

Und nicht nur das, plötzlich sieht man in der Österreichischen Schule sogar so etwas wie ein Heilsversprechen, ohne allerdings zu realisieren, dass dieses gesamte Paradigma sich einer vollkommen antiquierten Denkweise bedient: Denn hier regiert ein „natürlicher Zinssatz“, der von den Ersparnissen der laufenden Periode determiniert wird, wobei die Notenbank mit ihren Operationen als Störenfried dieser natürlichen Ordnung auftritt – und derart Zyklen in Gang setzt, die es anderweitig nicht gäbe. Weltfremder kann ein Erklärungssystem heute nicht mehr sein.

Doch ich komme aus dem Staunen gar nicht heraus, als mir plötzlich die Besprechung eines Buch des bereits emeritierten Professors Hans Christoph Binswanger in die Hände fällt, bei dem der heutige Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, einst promoviert hat. Und genau diese Dissertation habe Binswanger jetzt in seinem Buch „vertieft und erweitert“, schreibt die FAZ. Denn schon in dieser habe Ackermann „scharfsichtig die Mängel der überkommenen geldtheoretischen Ansätze aufgezeigt“ aus der „sich eine Erkenntnis ergibt, die Ackermann selbst als "von größter Tragweite für die ökonomische" Theorie einschätzt: Dass nämlich die volkswirtschaftlichen Ersparnisse einer Periode nie ausreichen, um die für ein gleichgewichtiges Wachstum notwendigen Investitionen zu finanzieren. Und dass deshalb die Geschäftsbanken die benötigte Finanzierung durch Kreditvergabe und Giralgeldschöpfung bereitstellen müssen.“

Das nun ist jedoch österreichisch-antiquiertes Denken par exellence: Die Ersparnisse der laufenden Periode determinieren hier den „Fonds“, der für Investitionen zur Verfügung steht. Und reicht diese Summe nicht aus, müssen die Banken bereit stehen. Seit Keynes „General Theory“ aus dem Jahr 1936 ist diese Sichtweise allerdings nicht mehr haltbar. Die Ersparnisse und Investitionen müssen zwar stets in jeder Periode rein rechnerisch übereinstimmen, doch die eine Größe begrenzt die andere quantitativ nicht. Investitionen werden nicht aus Ersparnissen finanziert, sondern mit Geld. Sie müssen nicht durch Konsumverzicht der selben Periode aufgebracht werden, sondern werden aus dem vorhandenen Vermögen geleistet.

Wer hätte gedacht, dass der moderne Herr Ackermann im Zentralbereich seines volkswirtschaftlichen Denkens so rückwärtsgerichtet ist?! Es ist ja fast eine Posse, dass er den selben Theorien vertraut wie Untergangspropheten. Aber vielleicht hat er diese Theorie ja nur benutzt, um das Vorhandensein der Banken zu rechtfertigen und deren Wichtigkeit zu unterstreichen. Wer weiß. Auf jeden Fall scheint man wirklich niemals aufzuhören, hinzuzulernen. Und man ist wirklich vor keiner Überraschung gefeit.

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Anmerkungen des Blick Logs

* Bernd Niquet ist ein Journalist, Börsenkolumnist und Schriftsteller. Sein aktuelles Buch “Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte: Eine Collage (Link auf Amazon) hat der Blick Log hier besprochen

Regelmäßige Börsenkolumnen erscheinen von ihm:
www.doersam-brief.de
www.stock-world.de/analysen/autor/autor.m?source_id=399
www.wallstreet-online.de/nachrichten/autor/393
www.gatrixx-finanztreff.de/news_news.htn?u=100&sektion=vermischtes&awert=kommentare&bwert=bn
www.instock.de/niquets-welt.phtml


Quelle: Blicklog


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