Dass der finnische Handyhersteller Nokia erneut einen Verlust verzeichnen würde, war bereits vor der Veröffentlichung der Quartalszahlen am Donnerstag sicher. Fraglich war lediglich die Höhe des Fehlbetrages. Und der war geringer, als vielfach erwartet. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Zahlen konnten die Nokia-Aktien davon kurzfristig profitieren und gut 9 Prozent zulegen. Lange hielt der Effekt jedoch nicht. Bereits einen Tag später waren die Gewinne verflogen.

Sechster Quartalsverlust in Folge

Insgesamt zeigen die vorgelegten Zahlen, dass sich Nokias prekäre Situation weiter zuspitzt. Der sechste Quartalsverlust in Folge beträgt 969 Millionen Euro, nach einem Verlust von 68 Millionen Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Damit weitet das Unternehmen seinen Gesamtverlust im laufenden Jahr auf rund 3,3 Milliarden Euro aus. Die Barreserven, über die der Konzern noch verfügt, bezifferte Nokia mit 3,6 Milliarden Euro. Die schnell sinkenden Reserven, die bei ähnlichem Geschäftsverlauf nur noch ungefähr ein Jahr reichen würden, stärken die Sorgen um das Überleben des Unternehmens. Die Ratingagenturen Fitch, Moodys und Standard & Poors stuften die Kreditwürdigkeit des Handyherstellers bereits auf „Ramschniveau“ herab. Auch der Ausblick erscheint nicht sehr vielversprechend. So urteilte Fitch bereits Mitte des Jahres über Nokia, dass das Unternehmen keine Produkte im Angebot habe, um die Verluste einzudämmen.

Schwache Absatzzahlen

Die aktuellen Verkaufszahlen spiegeln diese Einschätzung wieder. Im Bereich der Smartphones konnten die Finnen im dritten Quartal nur 6,3 Million Stück verkaufen und damit 38 Prozent weniger als im zweiten Quartal. Auch in der neue Smartphone-Reihe Lumia musste in dem Zeitraum ein deutlicher Einbruch verkraftet werden. Der Absatz brach hier von 4 Millionen Geräten auf 2,9 Millionen Geräte ein. Insgesamt fiel der Erlös des Konzerns im dritten Quartal auf Jahressicht um 19 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro. Und der Durchschnittspreis, den Nokia für seine Handys erzielte, sank innerhalb eines Jahres von 51 Euro auf 43 Euro.

Starke Konkurrenz

Den Abwärtstrend will der finnische Handhersteller nun mit einer neuen Generation von Lumias stoppen. Mit den Oberklassegeräten Lumia 820 und 920, die mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone 8 laufen, will der Konzern im Smartphone-Markt wieder Anschluss an die Konkurrenz von Samsung und Apple gewinnen. Mit dem Slogan „Jeder liebt ein Comeback“ werben die Finnen derzeitig bundesweit für die neuen Smartphones. Ob das Comeback gelingen wird, erscheint derzeit fraglich. Laut Markbeobachtern wird Nokia mit seinen neuen Geräten sofort die Konkurrenz von HTC und Samsung spüren, die ebenfalls Windows Phone 8-Smartphones anbieten werden und dies vermutlich zu deutlich günstigeren Preisen.

Fehlende Unterstützung

Zwar dürfte Nokia von der Marketing-Kampagne profitieren, die Microsoft für das neue Betriebssystem in Kürze anschieben wird. Das Weihnachtsgeschäft dürfte jedoch weitgehend an den Finnen vorbeigehen, wie eine Umfrage der Wirtschaftswoche bei Hardware-Einkäufern von Netzbetreibern und Elektronik-Händlern Ende September ergab. Eines der gravierensten Probleme von Nokia: Die großen Netzbetreiber Deutsche Telekom, O2 und E-Plus verzichten auf die Vermarktung des Lumia 920. Lediglich mobilcom-debitel und Vodafone werden das Gerät ins Sortiment aufnehmen, wobei Vodafone aber die Bestseller Samsung Galaxy S3 und das iPhone 5 von Apple stärker bewerben will.

Ungewisse Zukunft

Für die Finnen wird die Luft damit zunehmend dünner. Die Zukunft des Konzerns hängt jetzt fast ausschließlich an der neuen Lumia-Serie und deren Annahme durch die Verbraucher. Spätestens im ersten Quartal des kommenden Jahres dürfte sich zeigen, ob das Comeback gelingt oder ob Konzernchef Stephen Elop, der momentan erwägt, das Hauptquartier in Finnland zu verkaufen und anschließend zurückzumieten, eventuell über einen Verkauf des gesamten Unternehmens nachdenken muss.